Analyse
Stand: 29.11.2021 20:15 Uhr
Ein Krisenstab im Kanzleramt übernimmt die Pandemiebekämpfung. An der Spitze soll ein General der Bundeswehr stehen. Doch ist die Idee wirklich neu - und mehr als nur Symbolpolitik?
Bei Olaf Scholz klang es wie etwas Neues: Die Ampel werde einen Corona-Krisenstab im Kanzleramt einrichten. Noch vor der Vorstellung des Koalitionsvertrags in der vergangenen Woche skizzierte der kommende Kanzler von der SPD die Aufgabe des Gremiums. Der Krisenstab werde die Lage kontinuierlich begutachten, beobachten und die Umsetzung der Beschlüsse prüfen.
Noch sitzt Scholz allerdings nicht im Kanzleramt. Um dort einen Krisenstab einzurichten, muss er mit der geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel von der CDU reden. Ihr Sprecher Steffen Seibert sagt, Scholz und Merkel seien in engem Kontakt über den Krisenstab.
Merkel und Scholz im engen Austausch
Nach Seiberts Worten ist es das Ziel, dass der Krisenstab seine Arbeit "sobald wie möglich" aufnehmen kann. Die Bundeskanzlerin habe schließlich zugesagt, in den letzten Tagen ihrer Amtszeit eng mit der kommenden Regierung zusammenzuarbeiten.
Wer künftig im Corona-Krisenstab zusammenarbeiten wird, ist noch nicht bekannt. FDP-Chef Christian Lindner hat am Sonntag aber schon öffentlich gemacht, dass ein Militär die Runde leiten soll. Im Gespräch ist Generalmajor Carsten Breuer. Der 56-Jährige leitet momentan die Bundeswehr-Einsätze im Inland. Die geschäftsführende Regierung will die Personalie bisher aber nicht bestätigen.
Gremium soll praktische Fragen lösen
Wie von den Ampel-Parteien zu hören ist, soll der neue Krisenstab vor allem praktische Fragen beantworten. Zum Beispiel: Wie kommen genug Impfstoffe zu den Menschen? Wer kann Corona-Patienten aus überlasteten Kliniken aufnehmen?
Etwa 50 Menschen könnten laut einem Zeitungsbericht Teil des Krisenstabs sein. Die Absprachen liefen vermutlich digital. Vorbild für den Corona-Krisenstab könnte ein Gremium sein, das im Spätsommer 2015 in der Flüchtlingskrise im Bundesinnenministerium eingerichtet wurde.
Krisenstab: Mehr als ein Symbol?
Krisenstab - das klingt nach schnellen Entscheidungen. Ein General an der Spitze vermittelt Tatkraft und Durchsetzungsstärke. Es ist also ein Symbol - aber ist es mehr? Bisher ist die Pandemiebekämpfung vor allem Sache der Länder und der Behörden vor Ort. Absprachen laufen auf der Ebene der Gesundheitsministerien, der Staatskanzleien oder der Regierungschefs aus Bund und Ländern.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder von der CSU sieht einen Krisenstab im Kanzleramt deshalb skeptisch. Im Morgenmagazin von ARD und ZDF fragte er: "Was soll das Neues bringen? Ein General, der einen sehr, sehr guten Leumund hat, kann ja keine Befehle ausgeben an die Kommunen."
General leitet schon jetzt Pandemiebekämpfung
Was Söder nicht erwähnte: Schon jetzt leitet ein General die Pandemiebekämpfung der Bundesregierung - Generalstabsarzt Hans-Ulrich Holtherm. Seit März 2020 steht er an der Spitze des gemeinsamen Krisenstabs aus Gesundheitsministerium und Innenministerium. Er tagt immer dienstags, morgen zum 99. Mal seit Beginn der Pandemie.
Wie das Gesundheitsministerium erläutert, ist der Krisenstab ein "strategisches Gremium". Dort würden politische Entscheidungen vorbereit, zum Beispiel die Einreiseverordnungen. Entscheidungen werden in dieser Runde nicht getroffen. Darauf hat Jens Spahn schon vor einigen Tagen hingewiesen. Nach seinen Worten fehlt es nicht an Krisenstäben. "Es braucht politische Verantwortungsübernahme für Entscheidungen."
Der geschäftsführende Gesundheitsminister von der CDU scheint diese politische Verantwortung nicht mehr übernehmen zu wollen. Die Ampel-Parteien sind offiziell noch nicht in der Regierung. Und so kann ein neuer Corona-Krisenstab im Kanzleramt zwar Entscheidungen vorbereiten, treffen kann sie aber nur eine neue Regierung. Und die kommt vermutlich erst nächste Woche ins Amt.
Pandemie-Bekämpfung: Ein Krisenstab und viele ungelöste Fragen | tagesschau.de - tagesschau.de
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