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Monday, October 25, 2021

Die Linke geschwächt im Bundestag - Wenige Hoffnungsträger, aber viele alte Konflikte - Deutschlandfunk

Die Linke hat sich nicht für Kontinuität entschieden, sondern für einen Kompromiss auf Zeit. Denn dass nach der politischen Nahtod-Erfahrung bei der Bundestagswahl alles personell bleibt, wie es war, ist auch nach dieser Wahl unwahrscheinlich.

Das gute Ergebnis der beiden kann die Ratlosigkeit nicht verbergen, die diese Personalien ausdrücken. Bartsch war nicht nur Spitzenkandidat bei der Bundestagswahl, sondern als Fraktionsvorsitzender auch für die schlechte Außendarstellung der letzten Jahre mitverantwortlich. Mohamed Ali wiederum bot intern zwar ein Kontrastprogramm zu ihrer konfrontativen Vorgängerin Sahra Wagenknecht, konnte die Rolle einer oppositionellen Führungspolitikerin aber noch nicht ausfüllen.

 (dpa / picture alliance / Fabian Sommer) (dpa / picture alliance / Fabian Sommer)Linken-Co-Chefin Hennig-Wellsow - "Wir führen tatsächlich einen Überlebenskampf"
Zum Ende des Bundestagswahlkampfs sei ihre Partei im Zweikampf zwischen Olaf Scholz und Armin Laschet zerrieben worden, sagte Linken-Co-Vorsitzende Susanne Hennig-Wellsow im Dlf. 

Vor allem aber stehen die beiden für das machtpolitische Zweckbündnis aus Bartschs Reformern und dem Wagenknecht-Flügel. Also nicht für den integrativen Stil, den die deutlich geschrumpfte Fraktion nun eigentlich benötigt. Die Wiederwahl ist deshalb eher fehlenden Alternativen geschuldet als echter Überzeugung.

Im Falle Bartsch könnte sich eine gesichtswahrende Lösung in Mecklenburg-Vorpommern ergeben. Dort sitzt der Fraktionsvorsitzende bereits bei den rot-roten Koalitionsverhandlungen mit am Tisch. Mit 63 Jahren wäre es wohl die letzte Möglichkeit, einmal ein Ministeramt zu bekleiden. Bei einem freiwilligen Abgang von Bartsch stünde der Parlamentarische Geschäftsführer Jan Korte zur Nachfolge bereit. Der ist selbst unter Bartschs Gegnern anerkannt.

Schwieriger Neuanfang

Wer auch immer die Fraktion mittelfristig führt, hat eine Herkulesaufgabe vor sich. Die Linksfraktion muss mit weniger Mitteln und Personal eine effektivere und bessere Oppositionsarbeit als in den vergangenen vier Jahren leisten. Die Fraktion hat dafür wenige Hoffnungsträger, aber viele alte Konflikte. Die Parteiprominente Sahra Wagenknecht lebte sofort nach der Wahl wieder ihr Talent für Querschüsse aus. Ob sie sich in die Fraktion integrieren lässt, ist ungewiss.

Ein Austritt Wagenknechts und ihrer Unterstützer hätte schwerwiegende Folgen: Sobald der Linken drei Abgeordnete von der Fahne gehen, verliert die Partei ihren Fraktionsstatus und wird zur "Gruppe" zurückgestuft. Dieses Szenario schwebt über allen Personal- und Richtungsfragen. Und erschwert den Neuanfang zusätzlich.

Die Partei hat vier Jahre Zeit

Dieser Neuanfang ist mit schmerzhaften Grundsatzdebatten verbunden: Die Rolle der Klimapolitik, die Definition der sozialen Frage für die 20er-Jahre, die Frage der Oststrategie oder das Verhältnis zu Nato und Russland – in vielen Feldern besteht nicht nur Rede-, sondern Entscheidungsbedarf.

Erschwerend kommt hinzu: Die Wähler diagnostizieren der Linken nicht nur ein unklares Profil, sondern auch einen Mangel an populären Gesichtern und fehlende Kompetenz. Die Partei hat vier Jahre Zeit, sich aus dieser existenzbedrohenden Krise zu befreien. Gelingt das nicht, wartet die Bedeutungslosigkeit.

Johannes Kuhn (Deutschlandradio / Christian Kruppa)Johannes Kuhn (Deutschlandradio / Christian Kruppa) Johannes Kuhn, Jahrgang 1979, hat Anglistik und Germanistik in Würzburg und Jyväskylä studiert. Nach der Volontärsausbildung an der Berliner Journalisten-Schule (BJS) arbeitete er zunächst als Redakteur bei ZEIT Online in Hamburg und Berlin. Danach gut zehn Jahre für die "Süddeutsche Zeitung" (Online und Print) tätig, unter anderem zwischen 2014 und 2019 als freier Korrespondent im Westen der USA. Seit Sommer 2019 freier Korrespondent im Hauptstadtstudio des Deutschlandradios. Schwerpunktthemen: Digitalpolitik und gesellschaftliche Digitalisierung sowie die Partei Die Linke.

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