Zum einen, weil es technisch möglich geworden ist. Zum anderen allerdings, weil sich die individuellen und gesellschaftlichen Vorstellungen, wo man leben und wie viel man arbeiten muss, um ein erfülltes Berufsleben zu haben, bereits ein Stück verändert haben. (Lesen Sie auch: Karriere machen: Diese 3 Denkweisen müssen Sie abstellen, wenn Sie im Job weiterkommen wollen)
Für mich folgt daraus, dass wir uns im nun kommenden (hoffentlich!) letzten Corona-Winter mit drei Fragen gründlich beschäftigen sollten:
1. Befriedigt mich an meinem Job wirklich der Inhalt?
Oder sind es eher angenehme Nebenaspekte wie der Dienstwagen, das Büro, die schönen Anzüge oder die langen Kaffeepausen mit Kollegen, die mich im Job halten? Während des Lockdowns gab es diese angenehmen Add-ons bei vielen nicht. Mit dem Ergebnis, dass man – ohne Ablenkung – mit dem Kern seines Jobs konfrontiert war. Manch einer dürfte ziemlich geschockt gewesen sein, wie wenig ihm der eigentliche Inhalt seines Jobs bedeutet.
Haben Sie den Mut, diese Probe zu machen und dann radikal ehrlich zu sich zu sein. Für einen Job, bei dem Sie die Kerntätigkeit kein bisschen begeistert, ist das Leben zu kurz. (Lesenswert: 3 Fähigkeiten, die Sie für die Jobs der Zukunft brauchen)
2. Ermöglicht es mir mein Job, an dem Ort zu leben, an dem ich leben möchte?
Oder lebe ich an diesem Ort nur, um einem Job nachzugehen, in dem ich es mir halbwegs angenehm eingerichtet habe? Das Experiment der großen Ortsflexibilität während des Lockdowns hat für viele Beschäftigte nachhaltige Veränderung erzeugt. Das alte Diktum, dass man dort lebt, wo die Arbeit ist, gilt bereits weit weniger – und wird weiter an Bedeutung verlieren.
Gerade Menschen, die sich in der Mitte der Karriere befinden, haben jetzt die Gelegenheit, noch einmal ganz neue Pläne zu machen, wo ihr Lebensmittelpunkt eigentlich sein soll. (Lesen Sie auch: Was wir von den besten Sportlern der Welt für unsere Karriere lernen können)
3. Habe ich meine wöchentliche Arbeitszeit bewusst so gewählt, dass sie zu meiner Vorstellung eines gelungenen Lebens passt?
Oder habe ich die vermeintliche “Normalarbeitszeit” nie wirklich hinterfragt? Für viele Beschäftigte waren die letzten Monate eine Zeit, in der sie sich – nicht unbedingt gewollt und nicht immer zum Vergnügen aller Beteiligten – mit anderen Lebensbereichen beschäftigten haben. Ob Hobby, Familie oder ehrenamtliches Engagement – viele Menschen haben die Erfahrung gemacht, dass uns nicht nur die Erwerbsarbeit, sondern die Summe der Tätigkeiten aus unterschiedlichen Lebensbereichen glücklich macht.
Natürlich kann es sich nicht jeder leisten, seine Arbeitszeit auf wenige Stunden zu reduzieren. Aber zumindest sollten wir bewusst abwägen, wie viel unserer endlichen Zeit wir auf welchen Lebensbereich verwenden wollen.
Unser Kolumnist Dr. Max Neufeind ist Arbeits- und Organisationswissenschaftler, New-Work-Experte und beschäftigt sich mit der digitalen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft.
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