Freude und Erleichterung: Bei der umstrittenen Ostseepipeline Nord Stream 2 ist mit mehr als anderthalbjähriger Verzögerung das letzte Rohr verschweißt worden. Erwartet wird, dass im Oktober das erste Gas durch die neue Pipeline strömen wird.
Frank Dohmen DER SPIEGEL
» Es fehlen noch Genehmigungen, also es muss noch eine Abschluss-Genehmigung erteilt, eine Abschluss-Genehmigung seitens Deutschlands und der EU dann zum Schluss erteilt werden, aber die Pipeline ist somit fertig. Und wenn jetzt keine Schwierigkeiten bei der Prüfung auftreten, dann kann Gas von Russland nach Deutschland bzw. in die EU geliefert werden über diese Pipeline und da ist nicht mehr viel, was jemanden irgendwie daran hindern könnte, das dann auch zu tun.«
Vor allem der Widerstand der USA, die Sanktionen gegen die Leitung androhten und auch verhängten, verzögerte den Bau der Pipeline. Die deutsche und die US-Regierung hatten im Juli aber ein Abkommen erzielt, das vorsieht, dass Russland mit Sanktionen belegt wird, sollte die 1.200 Kilometer lange Pipeline vom Kreml als »geopolitische Waffe« benutzt werden.
Frank Dohmen DER SPIEGEL
»Deutschland hat sich in der EU mit der Unterstützung dieser Pipeline nicht viele Freunde gemacht. Die EU war von Anfang an gegen dieses Projekt aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus, weil sie eine große, eine große Achse Deutschland Russland sah, die für sie gefährlich war. Aber eben die baltischen Staaten vor allen Dingen auch, weil sie glaubten, sie gerieten in eine Abhängigkeit, die für sie ökonomisch schlimme Folgen haben könnten.«
Mehr als zehn Milliarden Euro flossen in das Projekt, durch das künftig pro Jahr rund 55 Milliarden Kubikmeter Gas von Russland nach Deutschland transportiert werden sollen. Damit könnten nach Angaben der Betreibergesellschaft 26 Millionen Haushalte versorgt werden. Dabei stellt sich die Frage, ob so viel Gas aufgrund der dringend notwendigen Energiewende noch gebraucht wird?
Frank Dohmen DER SPIEGEL
»Nun ist der Bedarf nach Energie in den nächsten Jahren erheblich. Und der nach Gas aus meiner Sicht auch, weil wir dieses gesamte System, dieses gesamte Energiesystem umstellen, auch auf Wasserstoff umstellen demnächst. Also eine große Transformation, in der Gas möglicherweise als Übergangstechnologie noch gebraucht wird.«
In den nächsten zehn, zwanzig Jahren werden auch während der Energiewende noch Gaskraftwerke dringend gebraucht. Aber statt Gas, könnte in Zukunft auch ein anderer Energielieferant aus Russland durch die Röhren angeliefert werden.
Frank Dohmen DER SPIEGEL
»Nicht umsonst spielen die Russen ja jetzt schon mit dem Gedanken, diese Pipeline irgendwann mal möglicherweise auch zum Transport von Wasserstoff zu benutzen, sie also technisch so auf- oder umzurüsten, dass man nicht Gas damit transportiert, sondern Wasserstoff transportiert. Ein Gas, was CO2-neutral in der Produktion dann in Deutschland oder in Europa eingesetzt wird.«
Russland war in der Vergangenheit stets ein verlässlicher Gaslieferant für Deutschland. Insofern ist Nord Stream 2 eine Erfolgsgeschichte. Allerdings:
Frank Dohmen DER SPIEGEL »Dass unter Putin dieses Gas dann zum Teil auch wieder als politisches Instrument eingesetzt wurde, ist die negative Seite dessen. Und man kann die Ukraine und man kann die Polen und viele baltischen Staaten natürlich verstehen, die Angst darum haben, dass sie jetzt von einer sicheren Einnahmequelle ausgeschlossen werden und dass der Druck auf sie größer wird, weil diese Staatseinnahmen, die sie dadurch generiert haben, nicht mehr da sind.«
Ob irgendjemand aber Putin wirklich davon abhalten könnte, mit Hilfe der Pipeline politischen Druck auszuüben – das wird erst die Zukunft zeigen.
Nord Stream 2 fertiggestellt: »Deutschland hat sich damit nicht viele Freunde gemacht« - DER SPIEGEL
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