Gründe für Lieferengpässe vielfältig
Je nach Material lassen sich unterschiedliche Gründe ausmachen:
- Viele Kunststoff- und Metallhersteller in China und den USA haben in der Corona-Krise ihre Maschinen gewartet und außer Betrieb gesetzt. Die Weltwirtschaft hat sich aber schneller erholt als erwartet – die hohe Nachfrage kam für viele überraschend.
- Ein heftiger Wintereinbruch in den USA und Überschwemmungen in China haben Produktionsstätten lahmgelegt.
- Blockierte Handelswege wie der Suez-Kanal und der durch die Corona-Krise erschwerte Grenzverkehr kamen dazu.
- Aufgrund starken Borkenkäferbefalls und Aufkäufen aus den USA wird Bauholz knapp und immer teurer.
- Und letztendlich mussten immer wieder Fabriken wegen Corona-Ausbrüchen vorübergehend schließen.
Führt das jetzt dazu, dass Firmen reihenweise Kurzarbeit anmelden müssen? Dass wir eine zweite Krise nach der Corona-Krise erleben? Manfred Gößl, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern beruhigt.
"Es könnte in Einzelfällen passieren, dass dort, wo das Material ganz ausgeht, die Firmen in die Kurzarbeit gehen müssen. Das wird aber ein Randthema sein. Das wird nicht in der Breite kommen und schon gar nicht mit Corona zu vergleichen sein.“ Manfred Gößl, IHK München und Oberbayern
Doch die Preise steigen. Laut Franz Xaver Peteranderl, Präsident des Bayerischen Handwerkstags, bekommen das auch die Kundinnen und Kunden immer mehr zu spüren.
"Es kommt natürlich infolgedessen zu Preissteigerungen, die bis zum Kunden durchgereicht werden. Die betroffenen Branchen sind vor allem das Bauhauptgewerbe, aber auch Nebengewerbe wie Heizung- und Sanitär. Für den Bauträger kann das bedeuten, dass sich sein Fertigstellungstermin um Wochen verschiebt." Franz Xaver Peteranderl, HWK-Präsident
Kettenreaktion lässt Baustellen brachliegen
Eine Verzögerung bringt schnell die nächste mit sich: Denn wird die Heizung nicht fertig, muss auch der Maurer oder Fließenleger warten. "Wenn wir die Woche die Heizung nicht zum Laufen bringen, dann hätten wir tatsächlich das Problem, dass alle nachfolgenden Gewerke auf uns warten müssen", sagt Bernhard Vornehm, Meister für Sanitär und Heizungstechnik. Doch für ihn gibt es einen Lichtblick: Ein wichtiges Bauteil für eine Münchner Baustelle ist endlich angekommen. Wochenlang musste das Team darauf warten. Ein Ausdehnungsgefäß – zum Druckausgleich. Ohne funktioniert die Heizung nicht.
Das lang ersehnte Heizungsbauteil ist nach wochenlanger Wartezeit endlich angekommen. Architekt und Bauträger vor Ort, Matthias Ludwig, hat schon gar nicht mehr damit gerechnet: Ein Gefühl "wie Weihnachten". Doch Der Heizungsfachmann muss ihm die nächste schlechte Nachricht überbringen: "Was noch fehlt, ist die Dämmung für die Rohrleitungen. Es sind schon Teile da, aber wir können es noch nicht fertig stellen". Wieder ein Dämpfer.
Neubauten könnten deutlicher teurer werden
Die Engpässe führen dazu, dass der Bauherr deutlich tiefer in die Tasche greifen muss und sich der Fertigstellungstermin um Wochen nach hinten verschiebt. Für den Architekten und Bauträger bedeuten die Lieferengpässe ein viel höheres Risiko.
"Es ist fast schon geschäftsschädigend. Meine Aufgabe ist es, dem Bauherrn pünktlich ein kostengünstiges Bauwerk zu garantieren und dieses Versprechen kann ich ihm gerade einfach nicht geben." Matthias Ludwig, Architekt und Bauträger
Die Zeit drängt. Im Juli will der Bauherr einziehen. Bis dahin muss das Gebäude fertig sein. Schon jetzt ist klar: Soll alles rechtzeitig fertig werden, wird der Bau wird für ihn deutlich teurer. Die Aufholjagd der Weltwirtschaft könnte noch einige Monate andauern. So lange wird die Nachfrage das Angebot wohl noch übersteigen - und die gesamte Baubranche mit Engpässen und steigenden Preisen zu kämpfen haben.
Exportstopps gegen Lieferengpässe umstritten
Um den Nachschubsorgen entgegenzuwirken, beraten Wirtschaftsminister der Länder bereits über Exportstopps, um die heimische Wirtschaft zu schützen. Doch Manfred Gößl, Hauptgeschäftsführer der IHK für München und Oberbayern sieht diese im BR-Interview kritisch.
"Das Schlimmste, was die Politik jetzt tun könnte, wäre Exportverbote auszusprechen. Das würde den ganzen Markt durcheinanderbringen. Grund dafür: Deutschland ist viel mehr abhängig von ausländischen Materialien als umgekehrt." Manfred Gößl, Hauptgeschäftsführer der IHK für München und Oberbayern
Die deutsche Wirtschaft würde somit nur "den Ast absägen, auf dem wir sitzen". Denn dann müsste man damit rechnen, dass auch andere Länder Exportverbote aussprechen. Darunter würde vor allem die stark auf Vorprodukte angewiesene Bayerische Wirtschaft leiden. Stattdessen fordern Industrie und Handwerk Anpassungsklauseln für Unternehmen, um Preise auch nach Vertragsabschluss noch nach oben korrigieren zu können.
Wirtschaft unter Druck: Engpässe bedrohen viele Branchen - BR24
Read More
No comments:
Post a Comment