Frankfurt Viele Geldhäuser im Euro-Raum gehen laut EZB-Bankenaufsicht immer noch zu nachlässig mit Krediten um, die in Folge der Pandemie zu wackeln drohen. Die Bankenwächter hatten die Branche wiederholt dazu aufgerufen, rechtzeitig Vorsorge dafür treffen, wenn Kreditrückzahlungen ins Stottern geraten oder auszufallen drohen.
„Die Mehrheit der Banken kommt nun weitgehend unseren Empfehlungen nach“, sagte der oberste EZB-Bankenaufseher, Andrea Enria, der Nachrichtenagentur Reuters . „Aber etwa zwei von fünf Banken, das sind 40 Prozent, weisen erhebliche Lücken auf bei dem, was wir erwarten.“
Enria zufolge rechnen einige Banken bei ihren Kalkulationen nicht ein, dass staatliche Unterstützungsmaßnahmen irgendwann auslaufen werden. Auch zögerten manche, in Schwierigkeiten geratene Kreditnehmer früh genug zu kontaktieren. Es gebe auch die Tendenz erst einmal abzuwarten, ob nicht eine wirtschaftliche Erholung einsetze. „Aber es könnte Banken geben, die wirklich versuchen, Probleme unter den Teppich zu kehren,“ sagte er in dem am Donnerstag veröffentlichten Interview.
Die EZB kontrolliert seit Herbst 2014 die großen Banken des Währungsraums, darunter in Deutschland die Deutsche Bank und die Commerzbank. Aktuell überwacht sie 115 Institute.
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Das erste Pandemie-Jahr hatte der Branche hart zugesetzt. Dennoch berichteten einige Geldhäuser wie die spanische Bank BBVA oder die österreichische Erste Group zuletzt wieder über zum Teil kräftige Gewinne. Dabei spielte bei manchen eine geringere Vorsorge für Kreditausfälle eine wichtige Rolle.
Enria rät aber zur Vorsicht. „Es ist ein wenig zu früh, um Rückstellungen zu lockern“, sagte er. In normalen Rezessionen würden Banken erst nahe am Höhepunkt der Firmenpleiten damit beginnen. Enria hatte in der Vergangenheit die Verschlechterung der Aktivaqualität als eine der größten Sorgen der Aufsicht bezeichnet.
Enria spricht über Dividendenzahlungen
Er wies gleichwohl darauf hin, dass sich die konjunkturellen Aussichten inzwischen verbesserten. Das Negativszenario der EZB, das unter anderem eine Welle an faulen Krediten annimmt, die 1,4 Billionen Euro übertreffen könnte, sei nun „viel weniger wahrscheinlich.“
Enria bekräftigte zudem die Intention der Bankenaufsicht, im September die Empfehlungen zur Einschränkung von Dividendenauszahlungen und Aktienrückkäufen auslaufen zu lassen - „es sei denn, es gibt ein klares Anzeichen, dass sich die Situation erheblich verschlechtert.“
Enria zufolge sollen Institute vorerst weiterhin nicht dazu angehalten werden, ihre Kapitalpuffer wieder aufzufüllen. Der anvisierte Zeithorizont Ende 2022 gelte weiter, sagte er. Sollte sich allerdings das Ausmaß an Firmenpleiten erst spät in den Bank-Bilanzen niederschlagen, da Regierungen ihre Unterstützungsmaßnahmen bereits mehrmals verlängert haben, könnte die EZB den Zeitplan verlängern.
Schattenbanken rücken stärker in den Blick
Enria kündigte zudem an, die Aufsicht werde künftig noch stärker das Engagement der Institute bei bislang wenig regulierten Schattenbanken beobachten. Dazu zählen spezielle Finanzierungsgesellschaften sowie Hedge- und Investmentfonds. „Was mir am meisten Sorge bereitet, ist, dass manchmal für Banken selbst das Portfolio dieser Entitäten nicht durchsichtig ist“, sagte Enria. Erst kürzlich hatten der Zusammenbruch des US-Hedgefonds Archegos Capital und der Kollaps der australischen Finanzfirma Greensill Capital weltweit Wellen geschlagen.
Die EZB will mit stärkeren Kontrollen nach Aufhebung der Reisebeschränkungen beginnen, wenn Vor-Ort-Inspektionen wieder in größerem Umfang möglich sind, wie Enria ankündigte. Banken müssen nach Vorgaben der Bankenbehörde EBA Kreditpositionen gegenüber solchen Schattenbanken, die zusammen eine bestimmte Schwelle überschreiten, einer genaueren Risikokontrolle unterziehen. Auch darum soll es bei den Inspektionen gehen.
Mehr: EZB-Bankenaufsicht gegen weitere Verzögerung der Bankenreform
Enria: Viele Geldhäuser noch zu nachlässig bei faulen Krediten - Handelsblatt
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