Stuttgart. Krebs, HIV, Asthma oder Herzprobleme: Menschen mit Vorerkrankungen wie diesen gehören zur dritten Prioritätsstufe bei den Corona-Impfungen und können von kommendem Montag an einen Impftermin in Baden-Württemberg vereinbaren. „Die wachsenden Impfstoffmengen machen sich bemerkbar“, sagte Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne). Der Öffnungsschritt betrifft nach Angaben seines Ministeriums etwa 1,5 Millionen weitere Menschen.
Weiter gedulden müssen sich die Angehörigen bestimmter Berufsgruppen, die ebenfalls in der dritten Priorisierungsgruppe sind, zum Beispiel Mitarbeiter im Supermarkt, Bestatter und Mitarbeiter in der sogenannten kritischen Infrastruktur wie Wasserversorgung, Informationstechnik oder Abwasserentsorgung.
Mit der Aufhebung der Impfpriorisierung will Lucha noch warten. Noch habe man nicht genügend Impfstoff, um jedem Menschen zeitnah ein Impfangebot machen zu können. Man wolle sich im Mai daher nochmal darauf konzentrieren, die besonders Schutzbedürftigen zu impfen. Eine Aufhebung der Priorisierung führe nicht zu mehr Terminen, sondern dazu, dass sich mehr Menschen um dieselbe Anzahl an Terminen bewerbe. „Das produziert Frust und Ungerechtigkeiten“, sagte Lucha.
Hotline weiter teils überlastet
Probleme macht weiterhin die Impfhotline 116 117. Die Mitarbeiter im Callcenter erreichten sehr viele Anrufe, sagte ein Sprecher des Sozialministeriums. An manchen Tagen bis zu 1,5 Millionen, an anderen „nur“ 25 000. An weniger frequentierten Tagen kämen Impfwillige gut durch. „Bei einem solch enormen Anruferaufkommen wie an den Spitzentagen können wir leider nicht jeden Anruf annehmen.“ Man plane deswegen, die Mittel für die Hotline weiter aufzustocken, damit der Dienstleister weitere Mitarbeiter einsetzen könne.
Eingespielt hat sich die Impfkampagne inzwischen in den Praxen, nachdem die Hausärzte anfangs über eine Bevorzugung der Impfzentren geklagt hatten und davon sprachen, dass die Praxen als „Resterampe“ fungierten. Inzwischen würden die Arztpraxen und die Impfzentren bei der Verteilung der begehrten Impfdosen gleichbehandelt, sagte ein Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW). Allerdings gelte weiter: „Wir haben immer noch zu wenig Impfstoff in den Arztpraxen.“
Probleme bereitet dem Sprecher zufolge nach wie vor das Vakzin von Astrazeneca, das von der Ständigen Impfkommission nur für Menschen über 60 empfohlen wird. „Der Impfstoff von Astrazeneca bleibt zwar nicht liegen, die Hausärzte haben aber einen hohen Aufwand, ihn zu verimpfen.“ Rufe die Hausarztpraxis bei impfberechtigten Patienten an, würde häufig gefragt, welcher Impfstoff denn vorrätig sei. Viele Patienten lehnten dann bei Astrazeneca die Impfung ab. Für die Praxis bedeute das einen hohen Organisationsaufwand und viele Telefonate.
Das schlägt sich allerdings nicht in der Vergütung der Hausärzte nieder. 20 Euro bekommt eine Arztpraxis pro Corona-Impfung. „Das ist höchstens kostendeckend“, sagte der Sprecher der KVBW. Für viele Praxen sogar nicht einmal das. Wegen des hohen Aufwands seien die Kosten häufig höher als der Ertrag. Man habe darauf immer wieder hingewiesen, habe aber wenig Möglichkeiten, da die Vergütung vom Bundesgesundheitsministerium festgelegt werde.
Währenddessen bereiten sich die Unternehmen in Baden-Württemberg darauf vor, ebenfalls in die Impfkampagne einzusteigen. Bereits seit Montag impft der Kranhersteller Liebherr in seinem Werk in Ehingen (Alb-Donau-Kreis) Beschäftigte über 60 Jahren in einem Pilotprojekt. Die Landesregierung erhofft sich davon erste Erfahrungen. Ein weiteres Modellprojekt mit Betriebsärzten soll im Mai in den Justizvollzugsanstalten starten.
Ebenfalls vorbereitet ist der Automobilhersteller Daimler. Dort können sich alle Beschäftigten ab sofort für einen Impftermin registrieren lassen. Sobald man von den Bundesländern Impfstoff bekomme, könnten die Impfungen dann beginnen, teilte das Unternehmen mit. Je nach Standortgröße gebe es unterschiedlich viele Impfstraßen, in denen die Beschäftigten im Fünf-Minuten-Takt aufgeklärt und geimpft werden könnten. Insgesamt habe man deutschlandweit Kapazitäten, um bis zu 3000 Impfungen am Tag durchzuführen.
Piks für viele Vorerkrankte in Sicht - Schwäbisches Tagblatt
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