Das dritte Grand Slam Turnier des Jahres, die Wimbledon Championships, beginnen am Montag in London. Bei den Herren richten sich die Blicke auf Novak Djokovic und Roger Federer, bei den Damen auch auf Angelique Kerber. Doch die Tour fordert auch ihren Tribut. Viele Topspielerinnen und -spieler sind nicht dabei.
Mittwoch, 12. Mai 2021: Simona Halep führt komfortabel in ihrem Drittrundenmatch beim WTA-Turnier in Rom gegen die Deutsche Angelique Kerber. Als sie einen Aufschlag ihrer Gegnerin annimmt, fährt ihr ein Schmerz in die Wade. Sie muss das Match aufgeben, danach auch die French Open. Kurz vor der Auslosung für die All England Championships in Wimbledon gibt sie auch ihre Absage für Wimbledon bekannt.
Montag, 31. Mai 2021: Naomi Osaka hat bei den French Open erst die Pressekonferenzen boykottiert und äußert sich dann doch. Nach ihrem freiwilligen Rückzug vom Turnier. Sie öffnet sie sich in den sozialen Medien. Erzählt von ihrer Depression, die sie bereits 2018 ereilte. Sie hat sich immer weitergehangelt. Doch in Paris ist ein Ende erreicht. Es geht nicht mehr. "Als Sportler wird uns beigebracht, auf unseren Körper zu achten, und vielleicht kommt der mentale Aspekt zu kurz", kommentiert Martina Navratilova, die 18-malige Grand-Slam-Siegerin. Der Weltranglistenerste Novak Djokovic sagt: "Ich unterstütze sie. Es war sehr mutig von ihr, das zu tun. Dass sie eine so schwere Zeit durchlebt und psychisch leidet, tut mir sehr leid."
Donnerstag, 17. Juni 2021: Rafael Nadal lässt seine Fans über die sozialen Medien wissen, dass er in diesem Jahr nicht an Wimbledon und den Olympischen Spielen in Tokio teilnehmen wird. Beide Turniere sagt der Spanier ab aus folgenden Gründen: der für ihn zu kurze Abstand zwischen den French Open, die eine Woche später begannen, und Wimbledon. Das Fehlen der notwendigen Regenerationszeit nach seinem Lieblingsturnier Roland Garros. Die mittel- und langfristige Entscheidung für seine Karriere und gegen den kurzfristigen Erfolg in London und Tokio bei den Olympischen Spielen.
Dienstag, 22. Juni 2021: Dominic Thiem führt in seinem Erstrundenmatch auf Mallorca gegen den Franzosen Adrian Mannarino mit 5-2. Bei einem Vorhandschlag verletzt er sich am Handgelenk, muss daraufhin sowohl Wimbledon als auch die Turniere in Hamburg und Gstaad danach absagen.
"Ich konnte es Ende mental nicht halten"
Vier große Namen brechen dem Turnier in diesem Jahr weg. Zugegeben, Dominic Thiem und Naomi Osaka hatten noch nicht die besten Ergebnisse auf Rasen, aber sowohl Rafael Nadal als auch Simona Halep haben an der Church Road schon die Siegertrophäe in die Höhe gestemmt. Halep ist sogar die Titelverteidigerin.
Es scheint das Ergebnis einer Entwicklung zu sein, die in den letzten Monaten und Jahren immer stärker zu beobachten war. Die Spielerinnen und Spieler gehen auf dem Zahnfleisch. Mental und körperlich. Bereits nach seinem Ausscheiden in Dubai im März hatte sich Dominic Thiem für einige Wochen aus dem Turniergeschehen zurückgezogen. Er war erst später in der Sandplatzsaison wieder eingestiegen. Er brauchte Zeit.
Der deutsche Profi Lennard Struff bekannte unlängst nach seinem Zweitrunden-Aus gegen den US-Amerikaner Marcos Giron in Halle/ Westfalen: "Wir haben eine extrem lange Saison, in der wir extrem wenig Urlaub, extrem wenig Auszeit und Ruhezeit haben. Ich muss ganz ehrlich sagen, ich habe heute bemerkt, dass ich es am Ende mental nicht halten konnte. Ich hab es versucht, ich habe es gewollt. Ich habe es nicht geschafft, den Fokus drinzubehalten." Er gestand: "Ich bin vielleicht mental etwas müde."
Die Show muss immer weitergehen
Die Saison ist lang, in diesem Jahr hangeln sich die Profis von Bubble zu Bubble, um Turniere stattfinden zu lassen, um in Corona-Zeiten einen Turnierkalender aufrechtzuerhalten, der von Werbeeinnahmen lebt, von Zuschauenden, von TV-Übertragungen. Dabei bleibt mancher Spieler und manche Spielerin auf der Strecke.
Die Augen sind bei den Männern jetzt auf zwei Namen gerichtet. Novak Djokovic und Roger Federer. Djokovic hat so gut wie keine Vorbereitung auf Rasen. Auf Mallorca spielte er mit seinem guten Freund Carlos Gomez Herrera das Doppelturnier. Sie kamen ins Finale, vor dem Gomez Herrera durch eine Verletzung gestoppt wurde. Trotzdem bleibt für Djokovic ganz klar das Ziel Wimbledon-Sieg. "Ich habe mich in eine gute Position gebracht, in diesem Jahr den Golden Slam anzugreifen." Er will also nicht nur Wimbledon gewinnen, sondern danach auch noch Olympia und die US Open. Ein Golden Slam. Der Begriff wurde 1988 erfunden, als Steffi Graf alle vier Grand Slams sowie Gold in Seoul gewonnen hatte. In Wimbledon will er unbedingt seinen 20. Grand Slam gewinnen und mit Rafael Nadal und Roger Federer gleichziehen.
Ist Federers Zeit abgelaufen?
Eben jener Federer reist vielleicht mit dem unsichersten Gefühl in seiner Karriere nach London. Alles in diesem Jahr war auf die beiden Ziele Wimbledon und Olympia ausgerichtet. Selbst die French Open waren nur ein Vorbereitungsturnier für den Schweizer. Der wird im August 40 Jahre alt und rechnet sich auf seinem Lieblingsbelag, dem Rasen, die größten Chancen aus, den 21. Grand Slam Titel seiner Karriere zu gewinnen. Doch auch seine Vorbereitung fiel nicht zufriedenstellend aus. Die Niederlage gegen den hoch veranlagten Kanadier Felix Auger-Aliassime in Halle/Westfalen war ein Realitätscheck für Federer. Die Gegner haben nicht mehr den überbordenden Respekt gegenüber dem achtfachen Wimbledon-Sieger. Es fällt ihm schwerer, die Punkte gegen die jungen Powerspieler zu gewinnen. Die Auslosung hat es gut mit ihm gemeint. Auf Novak Djokovic könnte er erst im Finale treffen, auf den an zwei gesetzten Daniil Medvedev im Viertelfinale. Es bleibt Zeit für den "Maestro", seine Rasenform zu finden.
Bei den Frauen ergibt sich ein komplett diffuses Bild. Die Tour ist so ausgeglichen wie selten, es gibt nicht die eine Favoritin. Serena Williams nimmt ihren x-ten Anlauf, ihren 24. Grand Slam Titel zu gewinnen und damit nach Titeln mit Margaret Court gleichzuziehen. Doch auch Serena verströmt nicht mehr die Unbesiegbarkeit wie vor einigen Jahren. Auf dem Weg ins Finale könnte sie auch auf Angelique Kerber treffen. Die Titelträgerin von 2018 hat sich mit ihrem Sieg beim Turnier in Bad Homburg wieder in den Fokus gerückt. Rasen ist ihr Zuhause. Aber: 25-30 Spielerinnen ist es zuzutrauen, am 10. Juli die "Venus Rosewater Dish" in die Höhe zu recken.
Wimbledon ohne viele Favoriten: Die unerbittliche Tour der Tennis-Stars - n-tv NACHRICHTEN
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